Eingangstür, Statistin

Statistin am Theater

Als Statistin auf der großen Bühne

Solange man sich nicht in eine Situation begibt, die einen komplett überfordert, ist es meiner Meinung nach eine sinnvolle Herausforderung, sich immer mal wieder aus seiner Komfortzone herauszubegeben. Für mich war dies unter anderem der Fall, als ich als Statistin am Schauspielhaus Bochum gearbeitet habe. Zusammen mit vielen weiteren Frauen stand ich in der Uraufführung von Roland Schimmelpfennigs Stück „Der elfte Gesang“ als Chor der geschändeten Frauen auf der Bühne.

Eine Affinität zum Theater habe ich schon immer gehabt, wobei ich mich jedoch nie selbst vor Publikum auftreten sah. Nachdem ich während meines Studiums einen Schwerpunkt auf die Dramenanalyse gelegt und Praktika am Staatstheater Cottbus sowie bei den Bühnenverlagen Hartmann & Stauffacher in Köln und henschel Schauspiel in Berlin absolviert hatte, hätte ich mir sehr gut eine Tätigkeit hinter den Kulissen vorstellen können. Stattdessen wurde ich Journalistin. Doch als die Möglichkeit bestand, in dieser Inszenierung eine Rolle als Statistin zu ergattern, griff ich zu.

Als Statistin muss man Teamarbeit können

Wie es für Statisten im Allgemeinen üblich ist, hatten wir zwar keinen Text, aber die anderen Frauen und ich hatten unsere eigene Szene. Bei unserem Auftritt war es wesentlich, die einstudierte Choreographie, die einem vorgegebenen Rhythmus folgte, einzuhalten. Um den von der Regisseurin gewünschten Effekt nicht zu zerstören, mussten wir alle hochkonzentriert sein, um exakt zum richtigen Zeitpunkt aufzutreten, unsere Position einzunehmen und wieder abzutreten. Dabei kam es auf Teamarbeit an und auch auf die Bereitschaft, sich einem künstlerischen Konzept unterzuordnen.

Nach Studium und Praktika waren die Monate als Statistin eine spannende Erfahrung, die ich sehr genossen habe. Sie haben mir nochmal einen ganz anderen Einblick in die Abläufe eines Theaterbetriebs ermöglicht.

Daneben habe ich durch die Auftritte vor jeweils mehreren Hundert Menschen eine Erkenntnis gewonnen, die auch beruflich, zum Beispiel bei großen Pressekonferenzen, von Belang sein kann: Es gibt keinen Grund, sich von einer großen Zuhörerzahl eingeschüchtert zu fühlen und übermäßig nervös zu sein. Mögliche diffuse Sorgen, dass sich nun Hunderte kritische Augenpaare auf einen richten, sind unnötig. Selbstverständlich sollte es immer das Ziel sein, sein Publikum anzusprechen und zu erreichen. Im Idealfall wenden sich einem dann alle interessiert zu, aber bei einer großen Menge an Teilnehmern kann man als Redner einzelne Reaktionen gar nicht wahrnehmen. Im Gegenteil. Wenn man nur wenigen Menschen gegenüber steht, wird man deren individuelle Reaktionen viel genauer registrieren. Mehr Zuschauer müssen dagegen keinen höheren Stressfaktor bedeuten.

Programmhefte

„Der elfte Gesang“ von Roland Schimmelpfennig
Uraufführung am Schauspielhaus Bochum

Regie: Lisa Nielebock
Darsteller: Veronika Nickl, Oliver Stern, Thomas Anzenhofer, Wolfgang Michael, Marco Massafra, Lena Schwarz, Margit Carstensen, Karin Moog, Sven Gey, Maximilian Strestik, Henning Hartmann, Bernd Rademacher, Heiner Stadelmann, Manfred Böll und Andreas Bittl